14.12.2022 Preis für…

Eine Gruppe von Forschenden der Thoraxklinik am Universitätsklinikum Heidelberg (UKHD) und am Nationalen Centrum für Tumorerkrankungen (NCT) Heidelberg hat individuelle Behandlungsmöglichkeiten bei einer seltenen Form von Lungenkrebs untersucht. Für die Studie, die einen molekularen Risikofaktor identifiziert und die Rolle der Tumoromikroumgebung entschlüsselt hat, erhält Prof. Petros Christopoulos den Wissenschaftspreis 2022 der Arbeitsgemeinschaft Internistische Onkologie (AIO) in der Deutschen Krebsgesellschaft.

Unter den nicht-kleinzelligen Lungenkarzinomen treten EGFR Exon 20-Insertionen mit ungefähr einem bis zwei Prozent sehr selten auf. EGFR steht für Epidermal Growth Factor Receptor (Epidermaler Wachstumsfaktor-Rezeptor); Exon 20 bezeichnet eine bestimmte Region des Gens, in der bei diesen Patienten ein Genstück eingefügt ist. Lungenkarzinome mit solchen Alterationen sind durch Resistenz gegenüber konventionellen EGFR-Inhibitoren und Immuntherapeutika sowie eine schlechte Prognose mit einem mittleren Gesamtüberleben von ungefähr 18 Monaten charakterisiert.

Dank der Entwicklung neuer zielgerichteter Medikamente stehen die EGFR Exon 20-Insertionen heute im Mittelpunkt des thoraxonkologischen Interesses. Allerdings wird ihre systematische Untersuchung durch ihre Seltenheit sowie erhebliche klinische und molekulare Heterogenität erschwert. Eine deutschlandweite Studie an zwölf führenden Lungenkrebszentren konnte an einer Kohorte von 118 Patienten jetzt erstmals einen molekularen Risikofaktor identifizieren: mittels Next Generation Sequencing (NGS) haben die Forschenden festgestellt, dass TP53 Ko-Mutationen das Ansprechen und die Überlebenswahrscheinlichkeit für metastasierte Tumoren unter Behandlung mit EGFR-Inhibitoren und platinhaltiger Chemotherapie beeinträchtigen.

Für den im Juli in der Zeitschrift European Journal of Cancer erschienenen Beitrag mit den Ergebnissen der Studie erhält Petros Christopoulos den Wissenschaftspreis 2022 der AIO für den klinischen Teil. Prof. Petros Christopoulos ist an der Thoraxklinik am Universitätsklinikum Heidelberg und NCT Heidelberg zuständig für die Wissenschaftskoordination der Thoraxonkologie sowie Principal Investigator im Deutschen Zentrum für Lungenforschung (DZL). Der Preis wurde am 8. Dezember beim Herbstkongress der AIO in Berlin überreicht.

In der ausgezeichneten Studie konnte ferner mithilfe von nanostringbasierten Transkriptomanalysen im Zentrum für Molekularpathologie Heidelberg unter Leitung von Prof. Albrecht Stenzinger die klinische Bedeutung der immunologischen Tumormikroumgebung aufgedeckt werden. Demnach geht ein höheres Verhältnis von CD8+ zu Th1 CD4+ Zellen mit einem längeren Gesamtüberleben einher. Dagegen haben die Verwendung von PD-(L)1 Inhibitoren, Angiogenesehemmern oder Pemetrexed – im Gegensatz zu anderen Platinum-Partnern – sowie die genaue Insertionsstelle im Exon 20 von EGFR keinen Einfluss auf den klinischen Verlauf. Das unterstreicht den Bedarf an neuen Therapiestrategien. Die Erkenntnisse aus der preisgekrönten Studie haben eine große Bedeutung für die individualisierte Behandlung von EGFR Exon 20-mutierten Lungenkarzinomen und die therapeutische Weiterentwicklung in diesem Feld.

„Sie zeigen auch, wie wichtig die erfolgreiche interdisziplinäre, zentrumsübergreifende nationale Zusammenarbeit für Fortschritte zum Wohle der Patienten ist. Dabei spielt das BMBF-geförderte DZL eine führende Rolle“, kommentiert Prof. Michael Thomas, Leiter der Abteilung für Onkologie in der Thoraxklinik am UKHD und am NCT Heidelberg und Letztautor der Arbeit.

 

Publikation:

Christopoulos P, Kluck K, Kirchner M, Lüders H, Roeper J, Falkenstern-Ge RF, Szewczyk M, Sticht F, Saalfeld FC, Wesseler C, Hackanson B, Dintner S, Faehling M, Kuon J, Janning M, Kauffmann-Guerrero D, Kazdal D, Kurz S, Eichhorn F, Bozorgmehr F, Shah R, Tufman A, Wermke M, Loges S, Brueckl WM, Schulz C, Misch D, Frost N, Kollmeier J, Reck M, Griesinger F, Grohé C, Hong JL, Lin HM, Budczies J, Stenzinger A, Thomas. The impact of TP53 co-mutations and immunologic microenvironment on outcome of lung cancer with EGFR exon 20 insertions. European Journal of Cancer. doi: 10.1016/j.ejca.2022.04.020.